Ölpreise steigen - Libyens Produktionsausfall schürt Versorgungsängste

Zum Beginn der neuen Handelswoche verzeichneten die Rohölpreise an ICE und NYMEX einen deutlichen Anstieg von über 2 Dollar pro Barrel. Ausschlaggebend dafür waren Berichte aus Libyen, die einen fast vollständigen Ausfall der Ölproduktion und -exporte ankündigten und damit selbst die geopolitischen Spannungen, die durch die erneuten Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz am Wochenende aufgeflammt waren, in den Hintergrund rückten.

„In den letzten Wochen haben die Ölpreise geopolitische Risiken weitgehend ignoriert, da es zu keinen nennenswerten Versorgungsunterbrechungen kam. Das könnte sich nun ändern“, kommentierte Phil Flynn, Analyst bei der Price Futures Group, die jüngsten Entwicklungen in Libyen. Auch die Analysten der ANZ Bank äusserten sich besorgt und erklärten, dass das Risiko einer Unterbrechung der Ölversorgung real geworden sei, nachdem die ostlibysche Regierung angekündigt hatte, die Ölproduktion und -exporte einzustellen, was auf die verschärften politischen Konflikte zurückzuführen sei. Diese Entscheidung ging mit der Erklärung des Status „Force Majeure“ einher, der Lieferanten in Fällen höherer Gewalt von ihren vertraglichen Pflichten entbindet.

Ein Ausfall der libyschen Ölexporte könnte das globale Ölangebot um etwa 1 Million Barrel pro Tag reduzieren. Allerdings bleibt fraglich, ob dies zu einem nachhaltigen Anstieg der Ölpreise führen wird, da die OPEC+ und ihre Partner planen, ab Oktober ihre Fördermengen zu erhöhen. Angesichts der schwachen Nachfrageentwicklung in China und der wiederholten Sorgen um die US-Nachfrage waren viele Marktbeobachter zuletzt davon ausgegangen, dass die Allianz möglicherweise auf eine Produktionssteigerung verzichten könnte. Sollte jedoch das libysche Angebot langfristig beeinträchtigt bleiben, könnte eine Lockerung der freiwilligen Förderkürzungen der OPEC+ ab Oktober dem Markt erheblich zugutekommen.

Was die US-Ölnachfrage betrifft, haben die jüngst ungewöhnlich konkreten Aussagen von Fed-Präsident Jerome Powell neue Hoffnungen auf eine robuste Entwicklung geweckt. Eine Zinssenkung im September gilt inzwischen als nahezu sicher, was sowohl die US-Konjunktur als auch die Ölnachfrage stimulieren dürfte. Die entscheidende Frage bleibt jedoch, wie gross der Zinsschritt ausfallen und welche Strategie die Fed bei den folgenden Zinssitzungen verfolgen wird. Auf der Angebotsseite könnte auch die bevorstehende Hurrikan-Saison in den kommenden Monaten noch für unvorhergesehene Entwicklungen sorgen, auch wenn sie sich derzeit relativ ruhig zeigt.

 

Börsendaten 27.08.2024 um 08:58 Uhr
ICE-Gasoil SEP: 727.25$
ICE-Brent OKT: 81.46$
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