Die Notierungen an ICE und NYMEX bleiben auch zur Wochenmitte unter Druck. Obwohl die geopolitische Risikoprämie nicht signifikant gestiegen ist, bleibt die unsichere Ölnachfrage das beherrschende Thema an den Börsen. Die bearishen API-Bestandsdaten von gestern Abend verstärkten diese Sorgen ebenso wie die jüngsten Aussagen der Fed-Notenbanker zur erhofften Zinswende.
Erst gestern rieten einige führende Fed-Mitglieder eindringlich, mit Zinssenkungen noch einige Monate zu warten, um sicherzustellen, dass die Inflation tatsächlich wieder auf dem Weg zum 2-%-Ziel ist. Derzeit rechnet man frühestens im September mit einer ersten Zinssenkung, wobei ein späterer Zeitpunkt aufgrund der aggressiven Aussagen der Währungshüter immer wahrscheinlicher wird. An den Ölbörsen hofft man, dass auch in den USA bald die Zinswende eingeläutet wird, da die hohen Zinsen die US-Wirtschaft langfristig belasten und damit auch die Ölnachfrage beeinträchtigen. Ein Nachfragerückgang wäre ein weiteres Schwächezeichen am Ölmarkt, der bereits jetzt durch die sich zurückbildende Backwardation-Konstellation für die kommenden Monate ein Überangebot signalisiert.
Weiterhin ist auch die OPEC+ Sitzung, welche am 1. Juni stattfindet im Fokus der Marktteilnehmer. Es wird über die weitere Förderpolitik abgestimmt. Dabei wird es hauptsächlich darum gehen, ob die bestehenden Förderkürzungen – einschliesslich der freiwilligen Kürzungen von 2,2 Mio. B/T – ins dritte Quartal verlängert werden. Der Markt ist derzeit der Meinung, dass die OPEC+ es sich nicht leisten kann, die Kürzungen jetzt schon zu beenden, sodass mindestens bis in den Sommer hinein mit einer Verlängerung gerechnet wird. Aber die OPEC+ wäre nicht die OPEC+, wenn eine solche Entscheidung ohne Drama ablaufen würde. Zuletzt gab es verstärkt Hinweise darauf, dass manche Länder, wie die VAE, mit der Quotenverteilung alles andere als zufrieden sind. Im letzten Jahr führte der Streit über die Quoten sogar zum Austritt Angolas aus dem Bündnis. Es bleibt abzuwarten, ob sich ein solches Szenario dieses Mal wiederholt und ob das Drama vor oder hinter verschlossenen Türen stattfindet.
Die aktuelle Markteinschätzung fällt zur Wochenmitte erneut leicht bearish aus, da Faktoren wie die API-Bestandsdaten und die Fed-Kommentare zur Zinspolitik vor allem die unsicheren Nachfrageaussichten in den Fokus rücken. Bei den Inlandspreisen ergeben sich heute durch den nachgebenden ICE-Gasoil-Kontrakt deutliche Preisabschläge im Vergleich zu Dienstagvormittag.
Börsendaten 22.05.2024 um 08:32
ICE-Gasoil JUN: 751.25$
ICE-Brent JUL: 82.20$
NY-Rohöl WTI JUL: 77.96$
US-Dollar/CHF: 0.9121
Rheinfracht nach Basel: 16.50